Bereits vor rund 120 Jahren war das Gelände des Straßenbahnhofes an der Simildenstraße in Connewitz ein zentraler Knotenpunkt für Leipzigs Straßenbahnnetz. Heute blicken wir von der Brandstraße in östlicher Richtung in einen lebendigen Gewerbehof. Am Ende des 19. Jahrhunderts wuchs Leipzig rasant, und die Vorstädte wurden nach und nach durch neue Straßenbahnverbindungen erschlossen. Auf dem Gelände zwischen Brand- und Simildenstraße entstand 1891 daher ein Straßenbahndepot – ursprünglich für die Pferdebahn, die Connewitz und Möckern verband. Das Depot bot damals Platz für über 200 Pferde, die auf drei Gebäude verteilt untergebracht waren.
Mit der Elektrifizierung der Straßenbahn zu Beginn des 20. Jahrhunderts änderte sich das Bild: Die Pferdeboxen wurden überflüssig, doch das Straßenbahndepot blieb weiter in Betrieb. Zu dieser Zeit konnte das Depot sowohl von der Similden- als auch von der Brandstraße aus angefahren werden und bot Stellflächen für etwa 30 Bahnen auf zwei Etagen.
Eine weniger bekannte Episode aus der Geschichte dieses Ortes betrifft das Frühjahr 1933. Seit den Reichstagswahlen im März richteten die Nationalsozialist:innen 60 bis 100 Konzentrationslager und über 30 "Schutzhaftabteilungen" ein. Über zwanzig dieser frühen Lager existieren in Sachsen. In Ihnen waren 1933 bereits über 80.000 Menschen kürzere oder längere Zeit inhaftiert. Bei den Inhaftierten handelte es sich ganz überwiegend um Kommunist:innen, Sozialdemokrat:innen oder Gewerkschaft:innen, darunter auch widerständige Journalist:innen, Rechtsanwält:innen und Künstler:innen. Der Straßenbahnhof ist wie seinerzeits viele umzäunte Fabrikgelände, Turnhallen, Kasernen oder Ferienheimen von der Sturmabteilung der NSDAP als „wildes“ KZ genutzt worden. Ortsansässige Jugendliche beobachteten damals vom Kirchberg aus den Hof und die dort internierten Gefangenen.
Nähere Informationen darüber waren leider im Stadtarchiv (bisher!) nicht zu finden.
In der DDR-Zeit wurde das Straßenbahndepot schließlich stillgelegt und der Hof erhielt eine neue Funktion als Gewerbestandort. Nach der Wende zog zunächst ein großes Autohaus ein. Heute hat sich der Hof zu einem vielseitigen Gewerbeareal entwickelt: Neben unserer Werkstatt befinden sich dort eine weitere Tischlerei, eine KfZ-Werkstatt, ein Handwerksbaumarkt sowie ein Sportstudio.
Weitere Informationen finden sich u.a. bei der Stiftung Sächsische Gedenkstätten.
Ein großer Dank geht an die Leute von @7030_Leipzig, die mir Ihrem liebevollen Engagement dazu beitragen, das Geschichten wie diese nicht verloren gehen.